Calaris
Hauptinsel Elysiums
Nebeninseln:
Ponza (Krankenhäuser, Pflege), Procida (Militär), Panarea (Agrar), Pantalleria (Industrie)
Ich beiße in mein Brot. Während ich kaue, lasse ich meinen Blick über den Platz schweifen. Bei dem schönen Wetter haben sich die Beamten der umliegenden Gebäude zum Mittagessen hier eingefunden. In ihren einheitlichen cremefarbenen Kostümen verteilen sie sich auf den Stühlen und Bänken des Hauptplatzes. Gedämpften Unterhaltungen hallen zwischen den Schluchten der Hochhäuser wider, die den Platz säumen.
„Schmeckt´s?“ Sam lässt sich neben mich auf die Bank fallen. Womit sie mich erschreckt und ich mich an meinem letzten Bissen verschlucke. Hustend kämpfe ich den verirrten Krümel aus der Luftröhre hinauf.
Sam lacht und klopft mir zur Hilfe zwischen die Schultern. In ihrem schwarzen Top und der eng anliegenden Hose fällt sie auf. Die Farbe zieht einen Bannkreis um uns. Ich weiß warum. Mit dem Militär will sich auf Elysium niemand anlegen.
Sam kennt das und es juckt sie nicht. Sie lehnt sich auf den Händen zurück und hält die Nase in die Sonne. Ein Seufzen hebt ihre Brust. Die Wärme und das Licht tun ihr gut. Auch das weiß ich.
Ich falte das Papier zusammen, in das mein Essen eingeschlagen war und verstaue es in meiner Jackentasche. Mein Blick wandert die gläserne Fassade des gegenüberliegenden Bauwerks. Die Spitze des Towers verliert sich in einiger Entfernung zwischen den Wolken, so hoch ist das Gebäude. Die Verstrebungen sind aus poliertem Stahl. Keine Schraube verunstaltet den Anblick.
„Letzte Nacht verdaut?“ Sam genießt noch immer mit geschlossenen Lidern die Sonne.
Ich mustere sie von der Seite, während meine Gedanken zur letzten Nacht wandern. Liliac Street. Die Gegend, die die High Society der Inseln aufsucht, wenn sie Zerstreuung wollen. Das grelle Licht der blinkenden Neonschilder ist auch durch die verstrichene Zeit meiner Erinnerung nicht verblasst. Unwillkürlich hebe ich meine Augenbrauen bei dem Gedanken an die knappen Outfits der Männer und Frauen, die mit ihrer nackten Haut die Menschen in die Klubs lockten. Also nicht, dass ich den Anblick dieser wohlproportionierten Körper nicht zu schätzen wüsste. Aber ein wenig überfordert bin ich damit dennoch.
Als wenn Sam meine Gedanken liest, höre ich ihr leises Glucksen neben mir. „Ich war beim ersten Mal auch recht … beeindruckt.“
Ich war froh, dass sie dabei war. Die Ruhe, mit der sie uns beide durch die Menschenmassen gelotst hat, hat mich tatsächlich entspannen lassen. Überall die Gerüche nach schweren Parfüms, Alkohol und Dingen, die man rauchen kann. Die Nähe der fremden Körper. Die Berührungen der Promoter. Deren aufreizendes Lachen. Es war ein Rausch gewesen.
Dann aber diese Begegnung … bei dem Gedanken fröstelt es mich. Eine Darbietung von Verbiegungskünsten lenkte mich derart ab, dass ich den Mann nicht sah und in ihn hineinlief. Ich entschuldigte mich sofort. Doch meine Worte blieben mir im Halse stecken.
Der Ekel in dem Gesicht des Kerls war niederschmetternd. Als wäre ich mit Fäkalien überzogen, stieß er mich mit spitzen Fingern von sich. „Verpiss dich, Abschaum!“
Sofort war Sam da. Ihre Schultern schoben sich zwischen mich und dem Ekel des Typens. Sie murmelte etwas wie eine Entschuldigung und zog mich weiter. Ihre Handfläche ist schwitzig. Die Anspannung in ihren Oberarmen machte mir Angst. Wenn Sam nervös war, musste das etwas heißen. Unbeirrt bahnte sie uns einen Weg durch die Menge. In meinem Nacken gruben sich so einige Beleidigungen, die uns der Mistkerl hinterher brüllte.
Ich blinzle und löse meine Gedanken von den Beschimpfungen. „Wer war der Kerl?“
Bei meiner Frage öffnet Sam die Augen. Darin schimmert eine wütende Melancholie. „Ein Abkömmling der Gründungsfamilien.“
„Gefährlich?“
„Eher launisch. Und dadurch gefährlich.“
„Warum lassen sich die Menschen diese Schikanen gefallen?“
Sam legt den Kopf schief und mustert mich. Beinahe so, als ob sie abschätzen würde, wie ehrlich sie mit mir sein darf. Schließlich seufzt sie. „Die Inseln bedeuten für sie Sicherheit. Vor Damasia, der schwarzen Seuche … der Verantwortung eigene Entscheidungen treffen zu müssen.“
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